• 2.3.2023
  • Lesezeit: 3 Min.

TUM-Forschende bestätigen vermutete Kammer

Bedeutsamer Fund in der Cheops-Pyramide von Gizeh

Ein internationales Forschungsteam hat eine unbekannte Kammer in der Cheops-Pyramide von Gizeh enthüllt. Bereits seit 2016 gaben Messungen einen Anhaltspunkt für die Existenz eines verborgenen Hohlraums im Bereich des sogenannten Chevrons. Nun konnten Wissenschaftler:innen der Universität Kairo und der Technischen Universität München (TUM) mit Radar, Ultraschall und Endoskopie maßgeblich dazu beitragen, diese Vermutung zu bestätigen. Auch weil die ägyptische Pyramide als eines der am besten untersuchten Bauwerke der Welt gilt, ist der Fund besonders bedeutsam.

Forschende stehen um den Bildschirm eines Endoskops ScanPyramids
Forschende blicken mithilfe eines Endoskops in die Kammer, die vermutlich seit rund 4500 Jahren kein Mensch mehr gesehen hat.

Die Cheops-Pyramide gilt als die größte und älteste Pyramide von Gizeh. Als Teil eines der sieben Weltwunder der Antike ist sie zwar gut erforscht, allerdings wurden bislang noch nicht alle Geheimnisse des Bauwerks gelüftet. Forschende der TUM haben die Pyramide nun aber um ein Mysterium erleichtert. Als Teil des internationalen Forschungsteams „ScanPyramids“ konnten die Münchner eine leere Kammer nachweisen, deren Existenz bislang nur aufgrund von Messdaten vermutet wurde. Der Hohlraum befindet sich über dem ursprünglichen Eingang der Pyramide, der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.

Vermutung bestätigt

Unter der Leitung der Universität Kairo haben japanische Forschende bereits 2016 mithilfe von Myonentomografie einen Hohlraum entdeckt. In Zusammenarbeit mit einem französischen Team ermöglichten weitere Messungen 2019 und 2020 seine Position und Größe zu bestimmen. Seit 2019 ist auch die Forschungsgruppe der TUM mit an Bord und hilft dabei, die Pyramide nach versteckten Strukturen zu untersuchen. Hierfür werden Methoden der Zerstörungsfreien Prüfung angewendet, die einen Blick in die Steinblöcke und auf die dahinter liegenden Bereiche ermöglichen. „Die Pyramiden gehören zum Weltkulturerbe. Deshalb müssen wir bei der Untersuchung besonders vorsichtig vorgehen, damit keine Beschädigungen entstehen. Wir arbeiten an der Cheops-Pyramide daher mit Radar- und Ultraschallmessgeräten, die zerstörungsfrei und teilweise sogar kontaktfrei angewendet werden können“, erklärt Prof. Christian Grosse vom Lehrstuhl für Zerstörungsfreie Prüfung.

Eine bislang unentdeckte Kammer in einer Pyramide ScanPyramids
Bislang war diese Kammer nur eine auf Messdaten beruhende Vermutung, nun lässt sich ihre Existenz aber bestätigen.

Kammer ist größer als erwartet

Die Messgeräte gaben einen guten ersten Eindruck. Um diesen zu bestätigen, arbeiteten die Wissenschaftler:innen mit endoskopischen Kameras. Das Team fand zwischen den Steinen des Chevrons, einer massiven Steinkonstruktion, eine Lücke, durch die es einen Hohlstab in die Kammer führen konnte. Dieses Rohr diente den Wissenschaftler:innen als Führung für ihre Kameralinse. Das Endoskop bestätigte dann die Existenz des Raums. „Einen Hohlraum in einer Pyramide zu entdecken, ist schon etwas Besonderes. Aber dass diese Kammer groß genug ist, um mehrere Menschen aufzunehmen, das macht es noch viel bedeutender“, sagt Prof. Grosse.

Die Kammer ist größer als von den Forschenden bislang vermutet worden war. Die Messdaten gaben Rückschlüsse auf einen mindestens fünf Meter langen Korridor, diese Länge soll die Kammer aber ersten Schätzungen zufolge deutlich überschreiten. Im Inneren der Kammer sind keine Fußspuren oder ähnliche Hinweise auf menschliche Aktivitäten zu sehen. Daher nimmt die Forschungsgruppe an, dass diesen Raum seit rund 4.500 Jahren kein Mensch mehr zu Gesicht bekommen hat.

Eine Gruppe Forschende vor dem Fundort ScanPyramids
Ein Teil der Forschungsgruppe direkt vor dem Fundort. v.l.n.r. Johannes Rupfle (TUM), Prof. Kunhiro Morishima (Nagoya University, Japan), Prof. Hany Helal (Cairo University, Ägypten), Prof. Christian Grosse (TUM), Prof. Jean-Baptiste Mouret (Inria, Frankreich), Prof. Mohamed Elkarmoty (Cairo University, Ägypten)

Neue Kammer macht weitere Forschung nötig

Herauszufinden, welchen Zweck die entdeckte Kammer hatte und was sich hinter der Rückwand des Raumes befindet, wird weitere Forschungsarbeit in Anspruch nehmen. Der nun bestätige Fund bekräftigt die Notwendigkeit der weiteren Untersuchung ägyptischer Pyramiden und insbesondere das neue Vorgehen mit einer Kombination unterschiedlicher Prüftechniken und -verfahren.

Publikationen

Mohamed Elkarmoty, Johannes Rupfle, Khalid Helal, Mohamed Sholqamy, Mohamed Fath-Elbab, Jochen Kollofrath, Benedikt Maier, Amr G. Hamza, Alejandro Ramirez-Pinero, Thomas Schumacher, Randa Deraz, Clarimma Sessa, Olga Popovych, Hamada Anwar, Khaled Taie, Mehdi Tayoubi, Christian U. Grosse, Hany Helal,
Localization and shape determination of a hidden corridor in the Great Pyramid of Giza using non-destructive testing, NDT & E International, 2023, 102809, ISSN 0963-8695,

https://doi.org/10.1016/j.ndteint.2023.102809

Weitere Informationen und Links

Bilder zur redaktionellen Verwendung: https://mediatum.ub.tum.de/1701573

Die Arbeiten an der Pyramide wurden in Zusammenarbeit mit und unter Aufsicht des Obersten Rates für Altertümer und des ägyptischen Ministeriums für Tourismus und Altertümer durchgeführt. Koordiniert wird „ScanPyramids“ von der Cairo University (Ägypten) und dem HIP .Institute (Frankreich), neben der TUM sind folgende Organisationen beteiligt: Nagoya University (Japan), KEK (High Energy Accelerator Research Organization - Japan), CEA (French Alternative Energies and Atomic Energy Commission - Frankreich), Laval University (Kanada), INRIA (French Institute for Research in Computer Science and Automation - Frankreich), CNRS (French National Center for Scientific Research - Frankreich). Weitere Partner und Förderer waren: Dassault Systèmes, Whatever The Reality, Emissive, La Fondation Dassault Systèmes, NHK, Suez, Le Groupe Dassault, Batscop, Itekube, Parrot, ILP, Kurtzdev, Gen-G, Schneider Electric, Octave & Octave. Die TUM wurde direkt durch TUM IGSSE und den DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) unterstützt.

Technische Universität München

Corporate Communications Center

Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr. Christian Grosse
Technische Universität München (TUM)
Lehrstuhl für Zerstörungsfreie Prüfung
grossespam prevention@tum.de
www.tum.de

Aktuelles zum Thema

HSTS